1985 Pfarrer Michael Kraus

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    Bericht von Johann Schuff (Kurator in Jakobsdorf 1977 - 1987)

Am 15 April 1983 war Pfarrer Michael Kraus 60 Jahre alt und einige Monate mehr denn 25 Jahre Pfarrer in Jakobsdorf. Was lag denn näher, eine Feier zu veranstalten und diese beiden Ereignisse zu feiern. Und wir feierten ausgiebig, zwei Abende im April. Am ersten Abend war das Presbyterium und die Gemeindevertretung eingeladen, mit Frauen natürlich. Dazu die noch lebenden Altpresbyter, mit denen Pfarrer Kraus zusammengearbeitet hatte. Als Ehrengast kam von Hermannstadt der damalige Dechant des Hermannstädter Kirchenbezirks Michael Schuller mit Gemahlin. Es war ein schönes, ein gelungenes Fest. Der Jubilar wurde entsprechend gefeiert und wir konnten Rückschau halten auf 25 Jahre Pfarramtstätigkeiten in Jakobsdorf.

Am nächsten Abend waren der Kirchenchor und die Adjuvanten eingeladen. Dadurch wurde die Bedeutung der einen als auch der andern unterstrichen, denn ohne sie wäre eine kulturelle Arbeit nicht möglich gewesen.

Zu dem Fest ergab sich auch ein gutes Nachspiel. Als wir, die Pressbyter mit unsern Frauen, nach 2 Tagen feiern, am dritten bei dem Aufräumen waren, kam eine junge Frau aus Österreich und fragte ob sie mit ihrer Gruppe (sie hatte auf einer Tour durch Siebenbürgen mit ihren Leuten auch Jakobsdorf besucht, der Reisebus stand bei der Allee) hier im Garten auf dem Pfarrhof zu Mittag essen könnten, sie hätten alles dabei. Natürlich waren wir einverstanden und schnell waren die Tische im Garten wieder aufgestellt. Von unserer Feier war auch noch manches übriggeblieben und unsere Gäste waren angenehm überrascht als sie so gastfreundlich aufgenommen wurden.

Der Kuchen und der Wein, von uns geschenkt schmeckte gut und schnell hatte sich eine gute Stimmung gebildet. Wir unterhielten uns gut und manches Lied konnten wir auch gemeinsam singen. Die Gruppe hatte Teilnehmer aus ganz Österreich. Unter ihnen war auch ein Ehepaar aus dem schönen Städtchen Gmunden am Traunsee, Roman und Elsabel Rosenstingel. Herr Rosenstingel war in der evangelischen Kirchengemeinde in Gmunden im Presbyterium und trug uns an, Jakobsdorf als Patengemeinde von Gmunden zu übernehmen. Natürlich waren wir einverstanden.

Dieses Patenschaftsverhältnis hat dann fast 10 Jahre gehalten, bis dass in Jakobsdorf fast keine Sachsen mehr waren. Sie haben viele Lebensmittel, Kleider und andere nützliche Sachen, welche man damals in Rumänien nicht bekam, nach Jakobsdorf gebracht. Viele vielen Dank.

Nachdem Pfarrer Kraus bei Erreichung des Rentenalters sich pensionieren ließ, hatte das Pfarrerehepaar auch um Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland angesucht. Mitgespielt hat bei dem Entschluß auszureisen, auch der Gesundheitszustand unserer Pfarrerin. Sie hatte Brustkrebs und hoffte in Deutschland eine bessere gesundheitliche Betreuung zu bekommen. Im Frühjahr 1985 wurde der Antrag bewilligt.

Trotz seiner Pensionierung hatte Pfarrer Kraus seinen Dienst in Jakobsdorf weiter versehen. Aber der Termin seiner Ausreise rückte näher und so hielt er zu Pfingsten seine Abschiedspredigt. Vor dem Abschluß des Gottesdienstes, also vor dem Hauptgebet un dem Segen hielt der Kurator seine Rede. Sie lautet folgendermaßen:

Sehr geehrter Herr Pfarrer Kraus, liebe Frau Pfarrer!

Wenn Sie geehrter Herr Pfarrer, nach dem heutigen Tage vielleicht noch einigemale diese Kanzel besteigen, um das Wort Gottes unserer Gemeinde zu verkündigen, dann tun Sie das nicht mehr als ihr Pfarrer, sondern nur noch als ihr Gast, denn vom 1 Juni dieses Jahres angefangen, sind Sie nicht mehr Pfarrer in Jakobsdorf.

Wir feiern heute am ersten Pfingsttag offiziell Abschied. Sie sind im Laufe der letzten 26 Jahre, welche sie Pfarrer von Jakobsdrof waren, viele viele hundertmal auf die Kanzel gestiegen, um den Frauen und Männer, den Jungen und den Alten dieser Gemeinde, das Wort Gottes zu verkündigen. Es ist manchmal vor vollem Hause geschehen (ich denke vor allem an den Heiligen Abend und an die kirchlichen Hochfeste) aber das Gotteshaus ist manchmal auch nur schwach besetzt gewesen und wenn man die Gesichter der anwesenden Frauen und Männer sich betrachtet hat, dann hat man wohl sehr oft bekannte und treue Kirchengänger darunter festgestellt.

Man könnte den Beruf eines Geistlichen mit einem Sämann vergleichen, welcher gute Saat aussät, welche aber nicht alle auf guten aufnahmebereiten Boden fällt, welcher sich aber dann desto mehr freut über die Saatkörner die gut aufgehen und gedeihen und gute Frucht tragen.

Sie haben geehrter Herr Pfarrer, dieser Gemeinde mit großem Ernst und viel Geduld das Wort verkündigt. Nehmen Sie die Überzeugung mit, dass es auch auf guten Boden gefallen ist.

Wir erinnern uns noch lebhaft an eine ihrer Predigten in den letzten Wochen, wo Sie auf den sehr schwachen Kirchenbesuch unserer Jugendlichen eingingen und anhand von Zahlen nachwiesen, dass wochenlang 1-2 Mädchen und 2-3 Burschen den Gottesdienst besuchten, eine Tatsache die uns sehr ernst stimmt. Ich will die Gelegenheit wahrnehmen und die Mütter und Väter dieser Jungendlichen aufrufen, ihre Kinder mehr anzuhalten zum Besuch unserer Gottesdienste und ihnen mit einem guten Beispiel voranzugehen. Ihr aber ihr Mädchen und Burschen möget euch darauf besinnen, dass ihr in eine christliche Gemeinschaft hineingeboren seid, wo man auch Pflichten hat und vorrangig, das weiterzugeben was wir von unseren Vätern übernommen haben. Ich denke im besondern auch an unsere schönen Kirchentrachten. Tragt sie bei jeder Gelegenheit und seid stolz darauf. Auch hier ist es gut, wenn Vater und Mutter beispielgebend sind.

Auf die Gefahr hin dass ich mich wiederhole sehr geehrter Herr Pfarrer, will ich darauf hinweisen, dass in der Reihe der Pfarrer die seit der Reformation unserer Gemeinde dienten, Sie den sechsten Platz einnehmen was die Länge der Amtsdauer anbelangt. Der überwiegend größere Teil ihrer Amtsvorgänger sind hier gestorben und begraben. Nur  5 sind im Laufe von 400 Jahren in andere Gemeinden abgewählt worden.

Wenn Sie sich jetzt entschlossen haben, unsere, ihre alte Heimat zu verlassen und zu ihren Kindern zu gehen um mit ihnen zusammen den Rest dieses menschlichen Lebens zu genießen, dann können wir das verstehen.

Mir aber fällt die Aufgabe zu, Ihnen im Namen der Gemeinde unseren herzlichen Dank auszusprechen für Ihre treuen Dienste. Gott der Herr aber möge Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin, als auch Ihrer ganzen Familie noch viele Jahre der besten Gesundheit schenken.

Am Abend des 20 Juni 1985 verabschiedeten wir mit einem Abschiedsständchen unser Pfarrerehepaar. Am nächsten Tag erfolgte ihre Ausreise nach Deutschland.

Abschiedsrede:

Sehr geehrte Frau Pfarrer, sehr geehrter Herr Pfarrer!

Als Sie im Jahre 1959 in dieses Pfarrhaus als der neugewählte Pfarrer von Jakobsdorf einzogen, begrüßte die Gemeinde Sie mit einem Ständchen. Heute Abend, bei diesem endgültigen Abschied, wollen wir Sie mit einem Abschlußständchen verabschieden. Es sind Heimatlieder welche wir Ihnen gesungen haben. Sie erzählen von Wehmut und Schmerz beim Abschied aus der alten Heimat. Sie sind von Leuten geschrieben und vertont worden, welche in gleicher Lage dasselbe mitgemacht haben.

Wir nehmen an, dass Sie, wenn Sie von der Heimat reden, auch an Jakobsdorf denken, denn diese Gemeinde ist es, welcher Sie in der Vollkraft Ihres Lebens gedient und versucht haben ihr als Seelsorger das Beste zu geben. Die sichtbaren und unsichtbaren Fäden welche Sie und Ihr Haus an diese Gemeinde geknüpft haben, die persönlichen Freundschaften und Beziehungen, welche sich im Laufe der langen Jahre herausgebildet haben, sind bestimmt auch durch die persönlichen Dienste, welche Sie an den Frauen und Männer, den Jungen und den Alten dieser Gemeinde tun durften, gefördert und gefestigt worden. Wir haben wohl schon daran gedacht und es ausgesprochen, dass im Laufe dieser 26 Jahre, welche sie Pfarrer von Jakobsdorf waren, wohl kaum ein Haus, ein Hof, oder eine Familie war, welcher sie nicht direkt und persönlich gedient haben, sei es mit einer Taufe, Konfirmation, Trauung oder Beerdigung, nicht zu vergessen die vielen, die weit über 1000 Gottesdienste, wo Sie in eindringlicher Weise, den Jungen und den Alten, das Wort Gottes verkündigt haben. Wir denken auch diesmal mit Bedauern an die vielen unbesetzten Plätze in unserer Kirche.

Sie mögen aber trotzdem die Gewißheit mitnehmen, dass Ihre Worte auch auf fruchtbaren Boden gefallen sind. Wenn der Jakobsdorfer beim Früh oder Nachtglockengeläute den Hut abnimmt und ungeachtet der Gesellschaft in welcher er ist, “Herr hilf mir” sagt, oder bei dem Beginn einer neuen Arbeit im Feld oder im Haus ehrfurchtsvoll gegen den Himmel blickt, dann zeugt das von einem tief verwurzelten Gottesglauben, ist aber noch lange keine Entschuldigung des Fernbleibens vom sonntäglichen Gottesdienst. Wie wahr ist doch der Vergleich von den glühenden Kohlen, welche ein gläubiger großer Deutscher der Vergangenheit gemacht hat, bei dem Vorhalt man könne ja auch zuhause beten, indem er sagt: “Eine einzige Kohle wird schwarz und verglüht, aber wenn viele auf einem Häuflein sind, fangen sie Feuer eine von der andern und brennen lichterhoch.” Denkt nur daran ihr lieben Jakobsdorfer welch ein erhebendes Gefühl es ist, wenn man in einem vollen Gotteshaus ist.

Als wir sie vor 26 Jahren begrüßten liebe Frau Pfarrer und lieber Herr Pfarrer, haben wohl weder sie noch wir daran gedacht, dass sie diese schöne lange Zeit unserer Gemeinde dienen werden. Es war wohl Gottes Wille welcher sie geleitet hat.

Heute Abend fehlen viele von denen, welche sie im Jahre 1959 begrüßt haben, viele von Ihren Mitarbeitern, welche im Laufe der Zeit gestorben oder einfach weggezogen sind. Als Sie zu uns kamen waren wir circa 630 Seelen, heute sind es 200 weniger, sind aber trotzdem noch immer die stärkste Gemeinde im oberen Harbachtal.

Ihnen aber liebe Frau und lieber Herr Pfarrer, möchte ich auch heute Abend noch einmal herzlich danken für Ihre treue Arbeit im Laufe dieser vielen Jahre. Vergessen sie das weniger schöne und behalten sie nur das angenehme und gute in Erinnerung.

Wir wünschen Ihnen die beste Gesundheit noch viele Jahre, wir wünschen dass sie schnell Wurzel fassen in der neuen Heimat, wir wünschen dass wir uns auch noch wieder sehen in dieser unserer alten Heimat.

Gott den Herrn aber bitten wir er möge alles zum Guten ausgehen lassen.

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